Bei sommerlichen Temperaturen von außen 40°C/60% Luftfeuchte und innen 20°C/50% hat mir der Rechner bzgl. Tauwasserausfall nur noch die „rote Karte“ gezeigt. Woran liegt das? Man kann doch im Sommer auf dem Dach noch mit durchaus höheren Temperaturen rechnen. Auch kann die Luftfeuchtigkeit in Deutschland an schwül-warmen Tagen auf 70% klettern.
Tatsächlich kann auch im Sommer Tauwasser entstehen. Denn dann kann die feucht-warme Außenluft wesentlich mehr Wasserdampf enthalten als die kühle Raumluft. Als Folge diffundiert Wasserdampf von außen nach innen durch das Bauteil, also in umgekehrter Richtung wie im Winter, und kondensiert an innen liegenden, kalten Schichten. Diesen Effekt nennt man „Umkehrdiffusion“.
Das Problem: Um den Tauwasserausfall im Winter zu reduzieren, sollten die innen liegenden Schichten diffusionsdicht und die außen liegenden diffusionsoffen sein. So wird Wasserdampf am Eindringen gehindert und kann andererseits das Bauteil möglichst schnell auf der Außenseite wieder verlassen. Da die Diffusionsrichtung im Sommer umgekehrt ist, müssten die außen liegenden Schichten diffusionsdicht und die innen liegenden diffusionsoffen sein. Da die Schichten aber in der Regel für den Winterfall optimiert werden, haben Sie dem sommerlichen Tauwasserausfall wenig entgegenzusetzen.
Wenn im Sommer die Außenluft mehr Feuchtigkeit enthält als die Raumluft, diffundiert der Wasserdampf von außen bis zur innen liegenden Dampfbremse. Da die Dampfbremse wesentlich kälter ist als die Außenluft, kann dort die Feuchtigkeit zu Tauwasser kondensieren.
Richtig ist also, dass im Sommer Tauwasser entsteht. Allerdings ist die berechnete Menge nicht realistisch, da der für die Berechnung verwendete „Winteralgorithmus“ davon ausgeht, dass das angegebene Klima 90 Tage lang ununterbrochen anliegt. Tatsächlich herrschen Tauwasserbedingungen aber meist nur nachmittags und abends, nachts sollte dagegen bereits ein leichter Trocknungsprozess einsetzen. Glücklicherweise halten solche Wetterlagen auch selten 90 Tage lang an.
Ein besseres Ergebnis würde man erhalten, wenn man das Bauteil mit realistischen Klimadaten simuliert, die den Tag/Nacht-Wechsel enthalten. Aufgrund der dazu notwendigen Rechenleistung ist dieser Weg für einen kostenlosen Online-Rechner aber nicht gangbar.
Deshalb: Ja, es gibt Tauwasser im Sommer. Allerdings wesentlich weniger als berechnet, weshalb dieser Effekt meist schlicht vernachlässigbar ist.
Die Temperatur auf dem Dach ist dabei übrigens unwichtig. Relevant ist nur die absolute Luftfeuchtigkeit, d.h. der Wasserdampfgehalt eines Kubikmeters Luft (g/m³), und der ist von der Temperatur zunächst unabhängig. Folglich ist die relative Luftfeuchtigkeit (in Prozent) auf dem Dach wesentlich geringer, weil wärmere Luft wesentlich mehr Wasserdampf aufnehmen kann als die kühlere Luft auf dem Boden.
Gerade bei aufgebrachtem Vollwärmeschutz auf schweren Altbauwänden oberhalb massiven Gewölbekellern kann dies wegen deren großen Wärmekapazität zu relativ niedrigeren sommerlichen Wandtemperaturen gegenüber der Außenluft und dadurch in Bodennähe zu Kondensation und Schimmelbildung führen!
Eine erhöhte Nachtlüftung kann helfen, diese Erscheinung zu minimieren.
Wie sollte der Wandaufbau in Thailand sein, wo man Außtentemperaturen mit 35 Grad hat und Luftfeuchtigkeit 85 %?
Mit solchen Extremfällen habe ich leider keine praktische Erfahrung und kann deshalb nur theoretische Überlegungen beisteuern. Eine Heizperiode gibt es dort vermutlich nicht, so dass nur der Sommerfall berücksichtigt werden muss, d.h. die Diffusion von außen nach innen. Von daher sollte der Wandaufbau von außen nach innen diffusionsoffener werden – also gerade umgekehrt wie bei uns in Deutschland. Speichermasse ist vermutlich wichtiger als Dämmung gegen die Hitze. Einen konkreten Vorschlag möchte ich jedoch nicht wagen. Am Besten Sie orientieren sich an funktionierenden Gebäuden vor Ort.
Ein altes Sprichwort sagt „Innen so diffusionsdicht wie nötig aber so diffusionsoffen wie möglich“. Dh. eingeschlossene Feuchtigkeit soll über die Umkehrdiffusion im Sommer nach Innen austrocknen können. Am besten verwendet man für diesem Fall eine feuchtevariable Dampfbremse. Diese besitzt im Winter genügend Sperrwert (zb. Intello von pro clima sd.30%=10m), lässt jedoch im Sommer eingetrungene Feuchtigkeit (sd. 85%rel=0,25m) nach Innen austrocknen. Diese Dampfbremse funktioniert auch bei den meisten außen dampfdichten Konstruktionen. Nicht zu verwenden bei Großküchen und Schwimmbädern, den der sd.-Wert stellt sich nach der Umgebungsfeuchte ein.
Zur thailänder Frage von Grille,
In ständig gekühlte Räume gegenüber aussenluft, sollte die Diffusiondichtigkeit voll umgekehrt als in Berliner Klima gebaut werden. Bin ich der Meinung. Also, die Intello im aussenbereich stellen um Kondenswasser im Wand zu vermeiden.
Wir sind gerade beim schreiben vom 1en PASSIV HAUS buch Griechenlands.
Bei uns ist das der fall so, dass wir eine lange kuehlperiode haben, wobei es auch nachtueber nicht unter 25 grad liegt.
Sollte jemand auf dieses problem einen realistischen vorschlag haben waere das optimal.
Hallo Stefan,
zu Passivhäusern in warmem Klima.
Ich habe mehrere Jahre auf Zypern gelebt und dort im Bauwesen tätig- also ähnliche Problematik wie in Griechenland.
Schreib dir doch zu deinem Projekt an apteich ät gmail.com, dann können wir uns austauschen.
(Wobei die momentan wohl nicht gerade den Neubau von Passivhäusern auf der Agenda haben)
Anderas
Ist aufgrund der Umkehrdiffusion im Sommer nun von PE-Folien mit einem relativ hohen sd-Wert (theoretisch 100m) abzuraten oder funktioniert das trotzdem, da die Tauwassermenge im Sommer vernachlässigt werden kann? Hier am Beispiel Vollsparrendämmung ohne Hinterlüftung mit duffusionsoffener USB auf Rauhspundschalung.
Von einer Dampfsperre (sd=100m) ist fast immer abzuraten weil sie das Trocknungsvermögen zu sehr einschränkt.